Tschechien - Mitte April 2017
Geschwindigkeit:über 20 km/h.
Kaum Anstrengung zu spüren
Keine lautes Rauschen um die Ohren.
Was ist hier los?
Ich brauche mehr Details.
Aha! Grashalme biegen sich in Fahrtrichtung!
Diagnose: Rückenwind!
Wir schießen regelrecht durch die Landschaft. In meiner Vorstellung heißt mein Rad ab jetzt Schattenfell und ich trage einen großen schlapprigen Hut. Nur Landschaft und Motivation meiner Reise passen nicht ganz ins Bild.
Wir radeln durch die Tschechei. Oder durch Tschechien?
Ich mag es hier,obwohl uns das Nachbarland nicht immer mit solch radlerfreundlichen Konditionen empfängt. Manchmal müsste die Reisegeschwindigkeit auch eher mit dem Redetempo großer sprechender Bäume verglichen werden.
Nach einer Mittagspause in einer Szenerie, die auch gut zu einem österreichischen Voralpenort passen würde, suchen wir uns auf der Karte einen Zeltplatz raus. Noch 27 km. Das klingt doch super. Hätten wir mal die 30 Sekunden investiert und nachgeschaut was noch an Infos dazu zu finden ist. Saison: Mai bis Oktober
Also stellten wir dann in Latomerice fest, dass "Autokemp" nicht unser Platz werden wird. Nach einer Weile telefonieren mit Pensionen, Hostels, etc war die Antwort immer dieselbe. "Sorry we are full" oder so ähnlich.
Ein Haus mit großem Grundstück und vielen Autos davor lud zum Fragen ein.
Ich ging durch die offene Haustür des eher großen, villahaften Gebäudes. Niemand zu sehen im Flur. Ich öffnete eine weitere Tür und sah eine große Garage voll mit Ruderbooten. Ahhh, ein Ruderclub. Die lassen uns bestimmt hier campen. Ich ging eine Etage höher weil ich immer noch niemanden gefunden hatte. Oben lief mir eine Katze über den Weg. Ich hörte Stimmen aus einem der Zimmer und hatte schon Bedenken anzuklopfen, weil ich vielleicht grad die Abstimmung zum nächsten Ruderclubkassenwart stören würde. Aber was muss, dass muss. Aus einer anderen Tür kam auf mein geklopfe ein Mann heraus, der mich recht überrascht anschaute. "Dobry de" sagte ich. Er erwiderte es in einem Tonfall der sagte "hä, wer bist du denn, was willst du?"
Ich fragte nach ob er englisch spreche. Ein sehr verhaltenes Gemurmel kam über seine Lippen. Er zitierte einen anderen Herren herbei, der jedoch fast ängstlich, verneinend mit den Händen wedelte. Nach kurzer Zeit kam ein junger, blonder Mann vom Typ Surferboy herbei, der mich sofort an den Patrick Swazey aus "Gefährliche Brandung" erinnerte. Nur mit Bart. Und tschechisch. Und Ruderer. Und vermutlich auch nicht kriminell. "Hi Patrick" wollte ich sagen - habe es dann aber nicht getan. Patrick versuchte mir dann zu helfen. Er telefonierte mit der Hausbesitzerin oder so. Fragte ob wir ein Zimmer präferieren würden, redete irgendwas von einer Regatta oder so... Zum Schluss hieß es dann allerdings doch, dass er uns nicht helfen kann. Keine Zimmer und das Grundstück sowie Haus wird nachts zugemacht.
Nachdem wir fast das gleiche - nur ohne Patrick - beim Yachtclub erlebt haben, entschieden wir uns dann für das Plätzchen zwischen Ruderclubgelände und Elbufer. Wir warteten noch bis es dunkler wurde, eher wir das Zelt aufbauten. Bis dahin las Lena noch aus unserem mitgeführten Buch "Die beste Entscheidung unseres Lebens" vor.
Ich starrte dabei auf die Wellen und hatte hin und wieder das Bedürfnis mich auf den Boden zu werfen und mit einer Pistole in die Luft zu schießen.
Was Patrick wohl gerade macht?
Nochmal anschauen:
- Der Herr der Ringe
- Gefährliche Brandung
(diese Art Filme, etc. auf die angespielt wird hier nochmal in einer ToDo Liste am Ende des Beitrags zu sammeln, stammt aus dem genannten Buch "Die beste Entscheidung unseres Lebens: Wie wir einfach loszogen und um die halbe Welt reisten" - KiWi-Paperback)
Stefan
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Viola (Freitag, 14 April 2017 18:48)
DANKE DANKE DANKE fürs Teilhaben Lassen!!! Kann mir vorstellen, dass die Abstände der Einträge bald grösser werden. Ich werde jeden einzelnen genießen, egal wie oft, lang oder kurz. Seid gedrückt