Genau 8 Wochen nach Tour-Start haben wir an unserem letzten Tag in Rumänien und am letzten Tag entlang der Donau die 3000km voll gemacht.
Das schwarze Meer ist nicht mehr weit bzw. haben wir es mittlerweile schon erreicht.
Eindrücke
Wir haben bisher 7 Länder durchradelt. Deutschland, Tschechien, Österreich, Ungarn, Kroatien, Serbien und Rumänien. Mittlerweile sind wir in Bulgarien angekommen.
Bislang hatten wir keinen Platten und haben nur einmal Luft aufgepumpt. Dafür sind ein paar andere Dinge kaputt oder verloren gegangen. Es gab noch keine Stürze (zumindest nicht Rad und Fahrer gemeinsam).
Es kommt uns immer noch unwirklich vor das ganze per Rad geschafft zu haben. Dieses Gefühl wird sich vermutlich noch oft einstellen. Viele Menschen sind uns bisher begegnet. Wir haben bei wildfremden Menschen im Garten unser Zelt aufgeschlagen, haben bei ihnen im Haus geschlafen oder uns sogar das Zimmer mit ihnen geteilt. Wir wurden zum Frühstück eingeladen oder zum Kaffee. Wir saßen sogar bei Leuten, mit denen wir uns quasi garnicht verständigen konnten.
Das Zelten in freier Wildbahn fällt uns jetzt auch deutlich leichter. Wir kümmern uns nicht mehr so sehr darum, dass uns bloß niemand sieht. Wir sind deswegen nicht unvorsichtig geworden, haben aber ein großes Stück Scheu abgelegt.
Auch viele Arten zu leben haben wir gesehen. Noch nicht einmal aus Europa heraus wird uns auch schon vor Augen geführt, dass Trinkwasser aus dem Hahn im Haus nicht selbstverständlich ist. In Rumänien zum Beispiel laufen die Leute noch auf die Straße bis zur nächsten Pumpe. Im besten Fall ist diese tatsächlich eine Pumpe, oft ist es aber auch nur ein Brunnen mit Eimer am Strick.
Die anderen Radler
Sehr aufregend sind auch immer die Begegnungen mit anderen Reiseradlern. Man glaubt nicht wie viele junge und alte Leute sich per Rad auf dem Weg Richtung Asien machen. Wir treffen viele Deutsche, aber auch Schweizer und Briten.
Sicher werden noch andere Nationen hinzukommen. Ab Istanbul sind die Wege dann schließlich nicht mehr so vielfältig.
Der Reisestress
Ich hatte schon einmal geschrieben, dass es sich eben nicht jeder Tag wie Sonntag anfühlt. Es ist vielmehr dass sich jeder Tag wie ein Arbeitstag ausprägt. Das klingt erstmal seltsam, ist aber keinesfalls schlecht gemeint. Wir haben das ja so gewollt. Sagen wir mal es fühlt sich wie ein Job an, den man wirklich mag und der ständig Abwechslung bietet. Eine Art Stress gibt es aber auch hier. Unterkünfte in größeren Städten müssen organisiert werden. Dazu braucht man zwei Dinge:
Eine Reiseplanung, um zu wissen wann man eintreffen wird und Internet. Wie ging das nur früher ohne Netz?
Vermutlich sind die vielen Erleichterungen durch das Internet ein Grund dafür, dass sich vergleichsweise viele Leute diese Art Abenteuer aussuchen und durchführen können.
Und dann ist da noch die Sache mit den Visa. Diese zu beantragen bedeutet auch, sich gut vorzubereiten. Einige Länder möchten nämlich auf den Tag genau wissen wann die Gültigkeit des Visums beginnen soll. Besonders für Turkmenistan ist das schwierig, weil man dort höchstens ein Visum für 5 Tage bekommt (sofern man überhaupt eines erhält).
Der Körper
Wer hätte das gedacht? Lenas Knie halten durch. Über 3000km!!!
Es ist eigentlich unfassbar, was sie da geleistet hat. Von 10 Minuten auf dem unbeladenen Rad zu Penny mit Tränen in den Augen hin zu 3000km mit über 30 kg Gepäck bergauf und bergab.
Unzählige Arztbesuche, 3 mal pro Woche zur Physiotherapie und das während der Vorbereitungsdruck nicht gerade weniger wurde und auch auf Arbeit eine sinnvolle Übergabe erledigt werden musste.
Es hat sich gelohnt. Es funktioniert besser als alle vorher geglaubt hatten. Zwischenzeitlich war ich es, der in Tschechien nach 30 km die Hand hob und nach einem Ruhetag schreien musste. Meine Achillessehne war überlastet. Zum Glück hat eine Veränderung der Sattelhöhe Abhilfe geschafft.
Auch unser beider Rücken macht sich nicht bemerkbar. Trotz dem wir oft gebückt ins Zelt kriechen und den Benzinkocher in Bodennähe bedienen müssen haben wir keine Probleme.
Doch was ist das jetzt?
Der Hintern tut weh. Wir können plötzlich beide keine Stunde am Stück mehr auf dem Sattel sitzen ohne Schmerzen zu haben. Wir hüpfen hin und her und wissen nicht wie uns geschieht. Über 2500km war das kein Thema, kurz nach Belgrad wurde es schlimm. Seltsam, dass wir beide etwa zeitgleich damit zu kämpfen haben...
Die erste Maßnahme sind jetzt andere Sättel. Wir werden wohl in Istanbul umrüsten, wohl wissend, dass es keine Garantie auf Besserung gibt.
Wir sind gespannt was uns nach Europa so erwartet.
Stefan
Statistiken - Für Freunde der Zahlen (Stand: 28.05. 2017)
Fahrtage: 48 bei 63 Reisetagen
Gesamtkilometer: 3117
Stunden im Sattel: 186,5
Höchstgeschwindigkeit: 51,17 km/h
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Katharina (Mittwoch, 31 Mai 2017 22:16)
Einmal einen großen Respekt an euch beide! Ich finde das so klasse, was ihr beiden hier macht.
Ich lese jeden Beitrag und bin fasziniert von euch, euren Texten, euren Begegnung... einfach von allem! Genießt die Zeit und haltet uns weiterhin auf dem laufenden :)
Rüdiger (Mittwoch, 31 Mai 2017 23:46)
Alles super. Das mit den Hintern wird wieder. Nach dem Motto: Nach fest kommt ab oder anders: Schönes Gefühl, wenn der Schmerz nachlässt...
Viel Glück weiterhin.
Carsten (Donnerstag, 01 Juni 2017 00:56)
Mein Gott, Stefan, Du Zahlen-Freak (Statistik):
Wie hast Du das gemacht ? Fahrtage gemessen an Reisetagen ... OK ! ... aber schon "Stunden im Sattel" ??? ... erst recht die prozentuale Verteilung des Windes und der Witterungsverhältnisse ???
So oder so ... weitermachen ... absolut geile Action !!!
Gruß Carsten
Carsten (Donnerstag, 01 Juni 2017 01:04)
Nachtrag:
Auf meinem Tacho stehen übrigens rund 6.400 Km !!! ... seit der Tacho auf meinem Rad ist ... zusammen gefahren also - gefühlt in den letzten 5 Jahren !!!!!!! ;-))))
Alles in 12 Taschen (Donnerstag, 01 Juni 2017 06:24)
Am Abend zücke ich immer das Handy und mache in einer Google-Sheet-Tabelle ein Kreuzchen ob der Tag Sonnig, Verregnet, Durchwachsen oder einfach nur bedeckt war. Das gleiche mit dem Wind.
Die Grafiken werden dann automatisch erzeugt.
die Stunden im Sattel zeichnet der Tacho auch mit auf.
Also alles kein Hexenwerk, nur ein wenig Fleißarbeit. Man hat ja sonst nix zu tun :)
Viola (Donnerstag, 01 Juni 2017 15:19)
Über 3000 km Rad gefahren = über 3000 km unterschiedliche Landschaften
(Allein das schon unfassbar für mich)
55% Sonne
Heile Knie
Kein wirklich dramatisches Ereignis
Viele spannende Begegnungen.
Meine Güte, das ist wirklich "satt"
Und dann noch Freude an Statistik.
Mir fehlt eigentlich nur noch eine Begegnungsstatistik: nett, unnett, ohne Sprache
oder so�