Türkei - Mitte Juli
Vier Zahlen in denen viel Kraft, viel Schweiß und viele Erlebnisse stecken.
Wir sind inzwischen in Erzurum angekommen und haben kurz vorher die 5000km voll gemacht.
Über 100 Tage sind wir jetzt schon unterwegs - 106 um genau zu sein.
Die höchste Erhebung, auf die wir uns gestrampelt haben war über 2000m hoch.
Es gab 3 platte Reifen, alle an Emils Hinterrad. Allerdings waren alle auf das gleiche, nicht behebbare Problem im Mantel zurückzuführen, also eigentlich gab es
bisher nur einen Platten.
Profi-Radler
Obwohl das Gelände jetzt deutlich mehr Profil hat als die Landschaft entlang der Elbe oder der Donau, haben wir unseren Tagesschnitt deutlich erhöht. Wir sind kräftiger geworden bzw. haben
mehr Ausdauer als zu Beginn der Reise. Das möchte man ja auch hoffen...
Wir fressen wie die Scheunendrescher, wie man so schön sagt. Ich weiß nicht wieviel Kalorien man verbrennt, wenn man so schwer beladen über 5h täglich im Sattel sitzt und sich auf
Berge kämpft. Jedenfalls können wir offensichtlich garnicht so viel essen, wie wir müssten um das auszugleichen. Wir wurden schon als drahtig bezeichnet und müssen wohl aufpassen, dass wir nicht
noch mehr abbauen. Also essen, essen, essen. Zum Glück ist Lena dabei und tobt sich kulinarisch aus.
Ballast
Unsere Räder wiegen inzwischen auch weniger. Mit der Zeit merkt man eben, dass man diesen oder jenen Ausrüstungegenstand eigentlich nie benutzt. Wir haben uns auch von einigen Klamotten
getrennt, weil man z.B. eben doch nur 3 paar Socken braucht
Reisealltag?
Wenn wir unser Zelt irgendwo hinstellen, dann wird die Arbeit meist wie folgt aufgeteilt. Lena macht Essen, Stefan baut Zelt auf und räumt ein.
Jetzt könnte man sagen:
Der Mann baut das Haus, die Frau macht das Essen. So muss es sein.
Man könnte aber auch sagen: Die Frau macht Feuer und der Mann kümmert sich um die Inneneinrichtung.
Ähnlich sieht es nach dem aufstehen aus. Lena rührt Müsli an, Stefan baut Zelt ab.
Das ist aber auch schon alles, was sich bislang als wirkliche Routine entwickelt hat.
Die Herausforderungen der Reise haben sich geändert. Sind wir anfangs noch vergleichsweise spät aufgestanden und haben direkt ein warmes Müsli gegessen, so sind wir inzwischen dazu
übergegangen gegen 4:30 Uhr aufzustehen, 1 Stunde zu fahren und erst dann zu frühstücken um die kühleren Stunden im morgen zu nutzen.
Statt einmal abends ein Plätzchen für das Zelt zu finden, müssen wir jetzt auch ein weiteres mal gegen 12 Uhr mittags ein Plätzchen für die entsprechend ausführlicherere Mittagspause
finden.
Wie wir diese dann am besten gestalten haben wir immer noch nicht herausgefunden.
Insofern können wir noch nicht wirklich von Alltag sprechen - was gut ist.
Wie geht's euch?
Eine oft gestellte Frage.
Es geht uns gut. So viel können wir sagen. Wir möchten immer noch weiter und bereuen unsere Entscheidung nicht. Wir sind noch nicht ernsthaft krank gewesen oder hatten einen Unfall (und das
obwohl wir fast durch die ganze Türkei gefahren sind!)
Doch es gibt ein paar "Aber".
100 Tage fernab der Heimat. Das bedeutet leider auch, dass wir nur noch wenig mitbekommen, von dem, was uns vorher so unmittelbar umgeben hat. Wir können nicht auf Hochzeiten der engsten
Freunde tanzen. Wir verpassen, wie die gerade zur Welt gekommenen Kinder unserer Freunde groß werden. Große, wichtige Familienfeiern haben wir bereits verpasst und werden wir noch verpassen. Die
Familie in echt zu sehen und zu hören fehlt einfach.
Auch an den ehemaligen Job denkt man tatsächlich relativ oft. Wie läuft das letzte Projekt? Wie ist der neue Kollege? Was gibt's sonst noch Neues?
Das alles sind natürlich keine Gründe für schlechte Laune oder Gedanken an's Umkehren, es verhindert aber ein uneingeschränktes "uns geht's fantastisch" zu antworten.
Ich denke wir merken gerade sehr stark, dass man im Leben immer auf etwas verzichten muss um etwas anderes zu bekommen. Mit anderen Worten "ganz schön wird's nie"
Auf in den mittleren Osten und zu den nächsten 5000!
Stefan
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