4 1/2 Tage Ost-Tibetischer Highway

China 29.11 - 03.12.2017

Wir brechen nach ein paar kalten Hotelzimmer - Tagen aus Langmusi wieder auf.

Kalt, da es in dieser und in vielen anderen Gegenden Chinas keine Heizungen gibt und auch die Klimaanlagen leider nur sehr wenig bis gar keine Wärme produzieren.  
Tsampa & Tier-Doku
Hinter dem Zentrum der Stadt geht es sofort bergauf, die Sonne lässt sich nicht blicken, es ist bitter kalt und fängt tatsächlich auch noch an zu schneien. Aber die Landschaft ist spektakulär und erhält durch den Frost nochmal seinen ganz eigenen Charme. Winter-Frost-Land auf 3.500m in Ost-Tibet. 
Unser Mittag nehmen wir, von ein paar Sonnenstrahlen begleitet, draußen ein. 
Vor uns liegt noch ein weiterer Pass, mit ähnlichem Steigungsmaß und einem Weg der mit denen im Pamir gut mithalten kann. Emil & Emma benötigen unsere volle Aufmerksamkeit, jeder kleinste Stein bringt einen ins schleudern, jede Bodenwelle haut einem aus dem gerade wieder gefundenen, gleichmäßigen Tritt. Der Lenker samt Vorderrad schwenken mächtig hin und her und diesen wieder in geordnete Bahnen zu bekommen verlangt einem volle Konzentration ab. Die Sonne verschwindet leider wieder als wir die Schotterpiste ins nächstes Dorf hinunter rumpeln.
Beim Aufwassern in einem kleinen Dorf, werden wir von einem älteren chinesischem Paar zum Essen und Übernachten eingeladen. Nach kurzer Überlegung stimmen wir zu und dürfen uns erst einmal am, für uns angeworfenen Ofen, aufwärmen und bekommen Tee und Tsampa (zum Glück kennen wir dessen Zubereitung inzwischen). 
Wir bekommen noch eine kleine Führung über den Hof, dann bringen wir Emil & Emma in den Stall und unsere Isomatten & Schlafsäcke in das eigens dafür vorgesehene Schlafhaus. Den Rest des Abends verbringen wir mit Katze im Schoß und Tee in den Händen in dem einzigen Raum des eigentlichen Wohnhauses. In der Mitte der Ofen, an drei Seiten eine Sitzbank drumherum gebaut und einer kleine, hölzerne Schrankwand mit scheinbar allem, was die Familie sonst noch besitzt. Wir werden köstlich bekocht und beenden den Abend mit einer Tierdoku, welche wir auch ohne Chinesisch/Tibetisch ganz gut verstehen. Ich schaue zu Stefan rüber und wir finden die Situation beide sehr skurril. Sitzen hier mitten im Nirgendwo, in einem kleinem Dorf und gucken eine Tierdoku. Aber wir fühlen uns wohl.
Für unser Nachtlager erhalten wir noch zwei zusätzliche Decken und eine Taschenlampe. 
Tag 2
Wir dürfen natürlich nicht ohne Frühstück und heiß Wasser in unseren Trinkflaschen losfahren. Zudem schauen die Beiden etwas besorgt auf unsere, scheinbar viel zu dünne,  Kleidung. Angesichts der eisigen Temperaturen ist das auch durchaus nachvollziehbar. Nach einer herzlichen Umarmung verschwinden wir in die morgendliche und eisige Stille. Um uns herum Weideflächen und nah wie fern Hügel und Berge. Alles mit einem frostigen Schleier belegt und die Wolkendecke hängt dicht über dem Tal.
Die zweite Frühstückspause verbringen wir im Gehen in der Hoffnung die Füße ein wenig auftauen zu können. Wir haben den Asphalt verlassen und von nun an geht's auf Staub- und Schotterpisten weiter.
Zur Mittagspause fahren wir in einen Ort ein und suchen die scheinbar einzige Garküche auf. Wir bekommen den Platz am Ofen und sogar gebratenen Reis mit Tomate und Ei. Doch so wirklich warm ist es hier leider auch nicht also machen wir schnell weiter und fahren den vorerst letzten Pass hinauf und wieder runter. Auf der anderen Seite erwartet uns eine riesige, weitere Ebene mit vielen Yaks und einem Fluss, dessen Lauf wir vorerst folgen. Gegen 17:00 Uhr entdecken wir ein Stück umgestürzten Zaun. Auf einer Anhöhe dahinter werden wir, nicht ohne Ackerei, fündig. Aber gemeinsam schaffen wir es Emma & Emil zum Nachtlager zu schieben.  

Hundebesuch & Sonnenschein 

Alles ist vereist und frostig. Unsere Nacht war aufgrund eines "Kläffers" und der Kälte nicht perfekt. Den Kläffer lernt Stefan bei seiner Morgen-Toilette kennen. Stattlicher Bursche aber eigentlich ganz lieb. Er kommt ebenso wie die Sonne zum Frühstück um uns Gesellschaft zu leisten. Scheint mich jedoch mit einer Hundedame zu verwechseln. Nachdem hinab Schieben geht's weiter auf der Schotterpiste aber dank blauen Himmels und den stetig steigenden Temperaturen fällt einem alles viel leichter.

 

Wir treffen auf zwei Yak Hirten die unsere Räder probieren, leider nicht ohne Verluste (die Reflektoren an den Pedalen sind lose getreten). 

Mittags gibt es eine schnelle Nudel-Gemüse Suppe und danach geht es dann auch schon wieder weiter. Wir spielen mit dem Gedanken heute aufgrund des eisigen Windes vielleicht doch ein Hotel anzusteuern? Wir kommen an einem ausgestorbenem Hotel-Dorf mit riesigen Aussichtsplattformen auf einem Berg vorbei. Skurril aber die Stege Richtung Fluss sind cool und hölzern, der Rest ist eine einzige Bausünde. Eine Kurve weiter, stehen wir unerwartet vor einem Kloster so groß wie eine kleine Stadt. Der Wind pustet kräftig und nach einer kurzen Abfahrt wollen wir bei einem Hof am Fluss fragen ob wir unser Zelt im Windschatten bei denen aufbauen dürfen. Also holpern wir hinab.

 

Vor dem Zaun stehen jede Menge Mopeds und hinter der Mauer ist mächtig was los. Sieht nach Yak-Zählung oder so aus. Kaum kommen wir zum stehen, kommen alle an den Zaun. Wir fragen und es wird schnell mit ja geantwortet und alle gehen wieder ihrer Beschäftigung nach. Yaks impfen wie es scheint. Tja und wir stehen da, etwas allein gelassen, sehen nur einen Mini Platz fürs Zelt und sind kurz davor doch wieder zu fahren, als sich die Manschafft auflöst und uns die Frauen erstmal ins Haus (bestehend aus zwei Räumen) bitten. Die Kinder turnen zwischen Ofen und TV hin und her und wir werden mit warmen Yak-Milch-Tee, Reis mit Fleisch und Brot versorgt. Bevor es dunkel wird wollen wir das Zelt aufbauen, werden aber vehement davon abgehalten, da wir drinnen schlafen sollen. Okay. Da sagen wir nicht nein.

 

Der Abend wird noch ganz nett, zieht sich aber auch mächtig in die Länge. Als der Papa wieder heim kommt gibt's nochmal richtig leckeres Essen. Reis mit Kraut und Yakfleisch. Wir bespaßen die Kleine mit Essstäbchen-Bastelei und dann dürfen wir irgendwann unser Nachtlager aufbauen. Und so schlafen wir im Wohnzimmer eines Yakhirten während sich zwei, mit Elektromotor angetriebene, Gebetsmühlen die ganze Nacht drehen und aus einem kleinen Lautsprecher beständig Mantras vom Tonband klingen. 

 

Ein Sommercamp 

Auch an nächsten Morgen gibt es Tsampa und heißes Wasser in unsere Flaschen. Ohne viele Worte, aber dafür mit einer herzlichen Umarmung werden wir wieder auf die Straße entlassen. 

 

Nachdem wir gestern die zweite Hälfte  des Tages immer auf eine Schneebergkette zugeradelt sind, erreichen wir an diesem Vormittag die Schneegrenze. Zum Glück reicht der Schnee nur bis an die Straße heran aber die Yaks müssen schon mächtig im Schnee nach Futter wühlen. 

Mittags setzen wir uns in den Straßengraben, da der Wind durchgängig gegen uns ist. Nicht stark aber stark genug um unser Tempo zu mindern und unsere Gesichter frieren zu lassen. Die Sonne hat eindeutig an Wärme gewonnen und die Vorstellung auf ein "Schnee-Zelten" macht richtig Laune. Doch leider ist jeder Quardratcentimeter eingezäunt oder ein Haus steht drauf. Vier oder mehr Finde-Versuche scheitern und es wird kälter und die Sonne schwindet. Stefan bekommt einen kleinen Hass auf die Chinesen und ihre Zäune und wird mit jedem Meter frustrierter. Eigentlich ist er schon dafür heute noch bis in die Stadt fahren. Doch ich starte einen letzten Versuch bei einer Art Sommercamp und siehe da, wir dürfen unser Zelt auf einem Kunstrasen unter einem Dach aufbauen. Ein paar große, herumliegende Ziegelsteine ersetzen die Zeltheringe. Es gibt noch eine Suppe und dann verkriechen wir uns mit Tee und Schoki ins Zelt. 

 

2/3 Ruhetag 

Die Sonne kämpft, aber leider sind die Wolken sehr hartnäckig. Die 27km bis in die Stadt & damit bis ins Hotel dauern eine Weile aber um 11:30 Uhr sind wir angekommen und ziemlich geflasht! Rappelvoll und voller Leben, bunt und überall Menschen und Musik und wieder sieht alles anders aus. Das hatten wir so nicht erwartet. Doch nach der Stille in den letzten Tagen ist dieser bunte Trubel eine willkommene Abwechslung.  Wir beziehen ein Hotel und genießen die Vorzüge einer Unterkunft, schlendern durch die Straßen, über den Markt und erfreuen uns an Leckereien. 

 

Lena 

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Till (Donnerstag, 25 Januar 2018 07:24)

    Wie inner wundervolle Bilder und eine tolle Schreibe die einen Alles miterleben lässt. Ob ich mit euch tauschen würde während wir unsere endless summer Tour von Sri Lanka aus nach Thailand fortsetzen, bleibt Mal unbeantwortet. Aber ihr seid ja jetzt aus dem gröbsten raus. Wünsche euch weiterhin das beste. Liebe Grüße

  • #2

    Rüdiger Miertschink (Dienstag, 27 März 2018 23:24)

    Irgendwie ist mir dieser Eintrag durch die sogenannten Lappen gegangen. Aber er ist toll.
    Es ist schon erstaunlich, dass die einfachen Menschen für eigentlich fremde Leute sprichwörtlich ihr letztes Hemd geben sowie Brot und Bett teilen. Für besser betuchte Menschen, ich nehme mich da gar nicht aus, nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit. Und es zeigt sich wieder mal: die ganze Welt basiert nur auf Vertrauen und Hoffnung. Wie sonst ist zu erklären, dass die Menschen dort so offen sind? Sie vertrauen auf das Gute im fremden Menschen und hoffen, dass sie nicht enttäuscht werden. In den sog. Industrieländern des Westens ist es ja eher so: Ich kann dem anderen nicht vertrauen und hoffe erst gar nicht, dass nichts passiert... Leider.
    Ich wünsche euch noch viele positive Erfahrungen in dieser Beziehung.
    Rüdiger